Dachten Sie bisher, die Zeitrechnung sei für alle auf der Welt gleich? Nicht wirklich. Wir machen uns das selten bewusst, aber in einigen Kulturen auf der Erde existieren andere Kalender als unsere.
Während wir uns unserer Auffassung nach im Jahr 2021 befinden, sind andere Volksgruppen schon im Jahr 5782. Und Persien befindet sich heute zum Beispiel erst im Jahr 1400.
Das liegt daran, dass der Ausgangspunkt der Zeitzählung von Kultur zu Kultur verschieden ist.
Genau wie wir angefangen haben, unsere Jahre ab der Geburt Christi zu zählen, beginnt der jüdische Kalender beispielsweise mit der biblischen Schöpfung der Welt im Jahr 3761 v. Christus. Wer sich nach ihm richtet, befindet sich aktuell schon im 6. Jahrtausend.
Im persischen Kalender ist der Ausgangspunkt die Flucht des islamischen Propheten Mohammed nach Medina im Jahr 622 n. Christus. Und das erklärt den Unterschied zwischen unserem Jahr 2021 und dem persischen Jahr 1400.
Neben einem abweichenden Ausgangspunkt gibt es jedoch noch andere Abweichungen zwischen dem persischen und unserem gregorianischen Kalender. Diese geben uns nicht nur Aufschluss über das iranische Zeitrechnungssystem, sondern auch einen kleinen Einblick in die iranische Kultur per se.
Interessant ist dabei auch, dass ein Kalender kein so statisches Konzept ist, wie wir allgemeinhin denken. Zeitrechnungssysteme – unsere und andere – haben sich über die Jahrtausende hinweg weiterentwickelt und werden auch heute noch von Zeit zu Zeit angepasst.
Kalender waren in der persischen Kultur schon immer wichtig. Und man weiß, dass die Perser schon im zweiten Jahrtausend v. Christus angefangen haben, die zyklischen Verläufe von Mond und Sonne zu studieren und Zeitrechnungssysteme zu entwickeln.
Unser gregorianisches Zeitrechnungssystem fußt hingegen auf dem römischen Kalender, über den erst circa 170 vor Christus erste Belege gefunden wurden.
Dies sind die wichtigsten Unterschiede:
Das Schaltjahrsystem des persischen Kalenders ist sehr viel komplexer als unseres, und es würde zu weit führen, es an dieser Stelle im Detail zu erklären. Was man jedoch wissen muss ist, dass es von dem persischen Mathematiker und Astrologen Omar Khayyam entwickelt worden ist, der von 1048 bis 1131 gelebt hat. Ihm zu Gedenken wurde ein wunderschön gestaltetes Denkmal errichtet, das man in seiner Heimtstadt Nischapur bewundern kann.
Omar Khayyam war ein Genie auf seinem Feld, denn man sagt dem persischen Kalender nach, viel genauer als der gregorianische Kalender und nahezu perfekt zu sein.
Wenn man genau sein will, hat ein Jahr nicht 365 Tage, sondern etwa 365,24219. Deswegen fügt man im gregorianischen Kalender alle 4 Jahre einen Tag hinzu. Das ist eine einfache Regelung, die sich jeder merken kann und Sinn macht.
Die Jahreslänge von 365,24 Tagen ist jedoch nicht absolut und ändert sich mit der Zeit. Unser gregorianischer Kalender ist daher trotz der Schaltjahrregelung immer ein wenig ungenau und weicht alle 3236 Jahre um einen Tag vom Sonnenjahr ab.
Die offizielle Version des iranischen Kalenders hingegen weicht nur alle 110.000 Jahre einen Tag vom Sonnenjahr ab. Sie spiegelt die Länge des Sonnenjahres tatsächlich fast perfekt wider, da sie statt auf einer simplen 4-Jahre-Regelung auf einem komplexeren Schalttag-System fußt, das auf astronomischen Beobachtungen beruht.
Wie genau der iranische Kalender tatsächlich ist, verdeutlicht folgendes: Pro Jahr liegt der Unterschied zwischen Sonnen- und Kalenderjahr bei weniger als 1 Sekunde.
Wenn man sich für das alte Persien interessiert, dann begegnen einem neben dem iranischen Kalender auch der zoroastrische Kalender, der islamische Kalender und der Dschalāli-Kalender. Alle Kalender sind im Iran zu bestimmten Zeiten verwendet worden und unterscheiden sich teilweise erheblich.
Lassen Sie uns die verschiedenen Kalender daher kurz einordnen:
Zoroastrischer Kalender
Zoroastrismus ist eine ehemalige Weltreligion, die heutzutage besser als Zarathustrismus bekannt ist. Ihr Gründer war der berühmte iranische Philosoph Zarathustra, und die Blütezeit seiner Lehren lag im Iran ungefähr zwischen 700 v. Christus bis 700 nach Christus. Zu Zeiten Zarathustras richtete man sich im Iran nach dem zoroastrischen Kalender, der wie unser Kalender 12 Monate hat, die jedoch alle nur aus 30 Tagen bestehen. Am Ende eines Jahres wurden daher 5 zusätzliche Tage eingefügt, um das Defizit auszugleichen.
Als sich der Islam ab ca. 630 n. Christus im persischen Raum ausbreitete, wurde der Zoroastrismus verdrängt, und der islamische Kalender fand fortan Verbreitung.
Überbleibsel der zoroastrischen Kultur lassen sich bis heute im Iran finden, wie zum Beispiel den Feuertempel von Yazd, in dem die heilige zarathustrische Flamme seit 470 n. Christus brennt.
Islamischer Kalender
Der islamische Kalender hatte es im Iran schwer. Sein aus 12 Mondmonaten mit 29 oder 30 Monatstagen bestehendes Kalendersystem erwies sich als nicht praktikabel und wurde daher relativ schnell wieder abgelöst.
Im Gegensatz zum zoroastrischen Kalender richtete sich der islamische Kalender nach dem Lauf des Mondes statt nach dem Lauf der Sonne. Er ist 10 bis 12 Tage kürzer als der gregorianische Kalender und demnach entsprechen 33 islamische Jahre etwa 32 gregorianischen.
Aber wie gesagt, der islamische Kalender setzte sich nicht durch, und 1097 führte Dschalal ad-Dawlah Malik Schah den iranischen Kalender ein, der in großen Teilen wieder auf den zoroastrischen Kalender zurückgeht und nicht auf den islamischen.
Iranischer Kalender und Dschalāli-Kalender
Iranischer Kalender und Dschalāli-Kalender meinen dasselbe, die Bezeichnung “Dschalāli” ist auf den eben besagten „Gründervater” der modernen iranischen Kalenderversion zurückzuführen, Dschalal ad-Dawlah Malik Schah. Vielfach spricht man auch einfach vom persischen Kalender.
Seit 1925 ist der iranische Kalender aka Dschalāli-Kalender aka persischer Kalender amtlicher Kalender im Iran und in Afghanistan.
Da sich Jahresanfang, Monate und Tage im persischen Kalender so sehr von unseren unterscheiden, ist es mitunter schwierig, schnell herauszufinden, welches Datum gerade im Iran vorherrscht. Und wichtig ist das richtige persische Datum zum Beispiel, wenn man eine Iran-Reise plant und Tickets oder Fahrkarten kaufen möchte.
Zum Glück gibt es jedoch Smartphone-Apps und Taschenkalender, die den europäischen und persischen Kalender gegenüberstellen. Entsprechende Apps kann man bei Google Play oder im Apple App Store herunterladen und hat so stets den Überblick über Jahr und Tag.
Übrigens steigen die Iraner am 21. März 2022 ins 15. Jahrhundert ein, denn dann beginnt ihr Jahr 1401.
Vielleicht ist das ja ein Anlass für Sie, mehr über das faszinierende Land erfahren zu wollen, in dem nicht nur der Kalender, sondern auch so einiges andere anders ist.
Wenn Sie den Zauber des antiken Persiens direkt vor Ort erleben, sich auf die Spuren des alten Zarathustras begeben und die 1500 Jahre alte Flamme im Feuertempel von Yazd anschauen möchten, ist unsere Iran-Rundreise bestimmt etwas für Sie.
Hier mehr über die Highlights unserer Iran-Rundreise erfahren.