Iran Blog von Persiaventura

Das iranische Lieblingsgetränk Tee im Visier

Geschrieben von Emely | Sep 22, 2022 2:04:54 PM

Nicht nur in Ländern wie Japan mit seinen Teezeremonien oder Ostfriesland mit seiner Teekultur liebt man Tee über alles, sondern auch in anderen Teilen der Welt wird er leidenschaftlich gerne getrunken, wie zum Beispiel in Iran. Bei einer Reise nach Iran werden Sie vielleicht erstaunt sein, welch große Rolle Tee spielt und wie viele Tassen die Iraner im Schnitt täglich zu sich nehmen (Spoiler: etwa 10 Tassen!). Ein Tag in Iran startet und endet mit einer Tasse süßem schwarzen Tee. Man serviert ihn Gästen, genießt ihn als Aperitif vor dem Essen oder schlürft ihn gemütlich vor dem Fernseher. Für eine wärmende Tasse Tee gibt es immer eine gute Gelegenheit. Doch wie kam es dazu, dass „chaee“ so einen wichtigen Stellenwert in der persischen Kultur eingenommen hat?

 

Tee in Iran – eine kurze Geschichte

Man schätzt, dass die iranische Teetradition bis ins 16. Jahrhundert und zur Dynastie der Safawiden (1501-1722) zurückreicht. Bis dahin bot man in den Qhaveh-Khanehs oder Kaffeehäusern, die sich an der Seidenstraße zwischen China und Europa tummelten und die man in Hülle und Fülle entlang der Straßen zwischen Maschhad und Tabris vorfand, hauptsächlich Kaffee an. Dieser war zwar beliebt, doch wurde er eher als medizinisches Tonikum angesehen. Kaffee war immer schwerer zu bekommen, da er erst nur im Jemen und später dann auch in Äthiopien angebaut wurde. Deshalb konzentrierte man sich immer mehr auf feinen grünen Tee, dessen Blätter man, zusammen mit der besonderen Teekultur, direkt aus China importierte.

 

 

Doch als sich die Beziehungen zwischen Persien und dem Land der Kaffeeliebhaber, der Türkei, verschlechterten, schlossen die Safawiden einen freundschaftlichen Deal mit dem teeliebenden Russland. Dank der gemeinsamen Opposition gegen das Osmanische Reich wurde der Handel zwischen Persien und Russland angekurbelt und bald schenkten russische Diplomaten wichtigen persischen Staatsmännern Samowaren und dazu auch ihre eigenen geschätzten Teetraditionen. Doch bald verschlechterten sich auch die russisch-persischen Beziehungen durch zahlreiche russisch-persische Kriege, die ihren Höhepunkt in der russischen Besetzung von Nordpersien unter der Anglo-Russischen Konvention von 1907 hatten. Die Liebe der Perser zu Tee war jedoch inzwischen so tief in deren Kultur verwurzelt, dass man weiterhin, nach russischem Vorbild, das Schwarzteetrinken fortführte – eine Tradition, die bis heute anhält.

 

Quelle: canva

Die persische Teekultur

Fast alle Iraner haben einen Samowar zu Hause – ein traditioneller Wasserkocher mit einer Heizsäule aus Metall als Herzstück, das man früher durch das Verbrennen von Kohle oder Holz warm gehalten hatte (heute meistens nur noch elektrisch). Er wurde entworfen, damit man den ganzen Tag über auf energiesparende Weise mit frischem Tee versorgt war. Auf der Spitze des Samowars steht eine kleine (oft rotblütige) Teekanne. Sie wird vom Samowar warm gehalten und enthält ein starkes Teekonzentrat, das man mit heißem Wasser direkt vom Samowar auflösen kann. Der persische Samowar ähnelt zwar sehr den russischen Pendants, hat jedoch sein ganz eigenes Design. Die besten werden wohl in Borudscherd hergestellt – aus Messing oder deutschem Silber. Heute haben jedoch viele Haushalte einen modernen Edelstahl-Samowar, der auf den Herd passt und eher wie zwei aufeinander gestapelte Teekannen aussieht.

Rund 100.000 Tonnen Tee werden jährlich in Iran konsumiert. Das stellt sie bei einer Bevölkerung von 85 Millionen direkt hinter die Türkei und Irland (und vor Großbritannien und Russland), da jeder rund 2 kg Tee pro Jahr trinkt. Rund zwei Drittel des iranischen Tees wird in Iran angebaut, hauptsächlich in der Region Giran südlich des Kaspischen Meeres. Mittlerweile gibt es über 100 Teefarmen an den Hängen des Damawand, Irans größtem Berg, und seiner Umgebung. Irans Versuch, seinen eigenen Tee anzubauen, begann bereits im Jahr 1882, als man Saatgut aus Indien importierte. Leider war das Vorhaben nicht sehr erfolgreich, so dass der iranische Diplomat Kashef Al-Saltaneh im Jahr 1899 einen zweiten Versuch startete, indem er 3.000 Setzlinge aus dem nordindischen Kangra einschmuggelte, um Plantagen anzulegen, auf denen bis heute die Mehrheit des iranischen Tees produziert wird. 

Teebeutel verwendet man so gut wie nie und neben losem Jahan-Tee aus Iran sind indische Tees ebenso populär, welche das verbleibende Drittel des iranischen Teekonsums ausmachen und oft aus Darjeeling stammen. Doch auch kräftigere Sorten aus Assam werden immer beliebter. Oft fügt man iranischem Tee trockene Rosenblätter, Zimt und Kardamom hinzu, vor allem, wenn man ihn nach dem Essen zubereitet. Er wird in durchsichtigen Gläsern, oder Estekan, serviert, damit jeder die wunderbar rotbraune Farbe bewundern kann. Das Wort Estekan wurde direkt vom russischen Wort Stakan geborgt und hat etymologisch eine ähnliche Nähe zum Russischen wie das Wort Samowar – ein Zeichen der wichtigen Bedeutung russischer Teekultur für Iran. Auf Milch und Zucker verzichtet man gerne, wobei manche Letzteren doch zum morgendlichen Tee hinzugeben. Wenn Sie Ihren Tee doch etwas süßer mögen, können Sie ein Zuckerstück, das in Farsi Ghand genannt wird, in Ihren Tee dippen und dann beim Trinken zwischen Ihren Zähnen halten, so wie es auch vor langer Zeit in Russland üblich war.

 

Quelle- canva 

 

In iranischen Haushalten ist der Samowar gerne den ganzen Tag über in Verwendung, vor allem freitags, wenn Gäste spontan vorbeikommen könnten. Und das Teekochen nimmt man hier nicht auf die leichte Schulter! Der Tee muss schon die perfekte Farbe, Temperatur, Stärke und den richtigen Geschmack haben, bevor er serviert wird. Es gilt als höflich, das erste Glas Tee wieder zurück in die Teekanne zu schütten, damit die Farbe überall gleich ist oder er noch etwas länger ziehen kann. Iraner lieben ihren Tee brühend heiß und naschen dazu gerne Süßes wie Datteln, getrocknete Maulbeeren, Rosinen, Baklava, Gaz – eine Arte Pistaziennougat sowie Kichererbsenkekse, Nabât – Safran-Kandiszucker oder Ranginak, Dattelriegel umhüllt von einem zuckerhaltigen, würzigen Konfekt mit Zimt und Kardamom und garniert mit gemahlenen Pistazien. Vielleicht werden Ihnen auch glutenfreie Nan-e-berenji Kekse aus Eiern, Reismehl, Safran, Kardamom und Rosenwasser serviert, Qottab mit Mandeln und Walnüssen oder Kolompeh-Küchlein mit Datteln, Kardamom und Pistazien. Sollte Sie jemand zu sich nach Hause zum Tee trinken einladen, dann danken Sie Ihrem Gastgeber, wenn Sie Ihren Tee erhalten, mit den Worten „Dastet dard nakon“, was so viel bedeutet wie „Verbrennen Sie sich nicht die Hand“. 

 

Quelle - canva 

 

Samoware werden gerne überall hin mitgenommen, damit man bei Bedarf immer eine Tasse Tee zur Hand hat, sei es bei Wanderungen, Tagesausflügen oder Picknicken. Am beliebtesten sind dafür Holzkohle-Samoware, die man direkt über Feuer oder Holzkohle platziert. Oder gehen Sie in ein Teehaus, oder Chaikhana, genießen ein oder zwei Gläser Tee und rauchen dabei eine Ghalian, oder Wasserpfeife, während Sie die legendären Geschichten des Shahnameh auf Muralen an der Wand genauer betrachten. 

Statt an Tischen sitzen Sie an einem Takht, einer langen Bank voller Teppiche und Kissen, der zum Ausruhen einlädt, während Sie sich den Tee schmecken lassen. Drehen Sie einfach Ihr Glas um, sollten Sie genug Tee getrunken haben und keinen Nachschub mehr wollen.

Eines der beliebtesten und zugleich ältesten sowie kleinsten Teehäuser Irans befindet sich in Teheran. Das kleine Verließ in der Wand in einer Gasse des Großen Basars serviert neben dem traditionellen schwarzen Tee auch den „Tee der Herzlichkeit“ mit Minze, Zitrone und Safran. 

Und vielleicht ist es genau diese Herzlichkeit, die Irans Teekultur einen so besonderen Stellenwert gibt. Während Tee zu jeder Tages- und Nachtzeit regelmäßig und in großen Mengen getrunken wird, ist gerade die soziale Komponente des Beisammenseins in gemütlicher Runde das, was Teetrinken zum so wichtigen Teil der persischen Kultur gemacht hat. Haben Sie Lust bekommen,Teil einer geselligen Teerunde zu sein?

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